Presse

Kleingesägte Geschichte # RP-Online 2008

2008-07-07 00:00

Kleingesägte Geschichte

Radevormwald (RP)


Seit zwei Jahren hat sie niemand mehr betreten. „Zu gefährlich“ lautete die behördliche Diagnose. Am Freitagabend hat die Holzbrücke über das Ülfebad zum letzten Mal den großen Bahnhof erfahren – als ihr Abriss begann.

 




Mit Brecheisen und Säge ziehen rund 20 Feuerwehrmänner gegen 18.45 Uhr auf die marode Ülfebad-Brücke – und siehe da, sie hält diese Last aus. Als erstes fällt die Pergola im Minutentakt. Gegen 19.10 Uhr sind drei Viertel des weitgehend morschen Geländers kleingesägte Geschichte. „Das ist schon ein ganz komisches Gefühl, hier zu stehen“, sagt Ursula Mahler, stellvertretende Landrätin und Vorstandsmitglied im Heimat- und Verkehrsverein, der Spenden für einen Neubau der Brücke sammelt.

Erinnerungen werden wach: an die besseren Zeiten der alten Brücke. „Ich bin in Wuppertal aufgewachsen, und wir sind häufig nach Rade gewandert“, erzählt Mahler. „Und immer, wenn ich die Brücke gesehen habe, wusste ich, jetzt ist es nicht mehr weit.“ Nicht mehr weit bis zu Kartoffelsalat mit Würstchen, die es nach der Wanderung gab.

 

 

Info

Ihre Erinnerungen

Vielen Radevormwaldern bedeutet die Ülfebad-Brücke sehr viel: Hochzeitsfotos entstanden darauf, darunter wurde geschwommen oder Schlittschuh gelaufen – und dabei gab es vielleicht den ersten Kuss, die erste Liebe.

Schreiben Sie Ihre Erinnerungen an die Brücke (gerne mit Fotos) an: Bergische Morgenpost, Weststraße 3, E-Mail: redaktion.radevormwald@bergische-morgenpost.de – wir drucken eine Auswahl ab.

 

 

Kulisse für Schlittschuläufer

Auch Sven Beckers ist mit der Kamera angerückt und sagt mit Ironie und leichtem Trotz in der Stimme: „Die machen mein Spielzeug kaputt.“ Lange Zeit in der angrenzenden Ortschaft Im Hagen zu Hause, war die Brücke in früheren Zeiten für ihn auch Klettergerüst. „Ich kenne sie auch von unten.“ Ähnlich ergeht es auch jenen, die auf der zugefrorenen Talsperre und unter der Brücke Schlittschuh gefahren sind, in den Jahren, als der Winter noch zuverlässig Winter war. Die Brücke war Kulisse, genau wie für die zahlreichen Hochzeitspaare, die auf ihr fotografiert wurden.

Die Säge kreischt, mit mannschaftlichem „Hauruck“ ist um 19.30 Uhr das letzte Stück Geländer Geschichte. „Wenn man sich überlegt, wie viele Menschen hier das Schwimmen gelernt haben“, sagt Ursula Mahler nachdenklich. „Alle, nur mein Vater nicht“, scherzt Wilfried Fischer. Der Wehrführer ist mit vor Ort, steht über weite Strecken der Aktion auf der „Kommandobrücke“ unter dem Pavillon. Dieses Dach ist vielen Radern ans Herz gewachsen: Ob es wieder entsteht, wird der Spendenfluss zeigen. „Ich hoffe, dass der jetzt wieder ein bisschen in Gang kommt“, sagt Mahler.

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